Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine Herren Bürgermeister, sehr verehrte städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, liebe Stadtratskolleginnen und -kollegen,
Heidelberg befindet sich im Wandel – es ist überall sichtbar: An die Kräne in der Bahnstadt hat man sich ja fast schon gewöhnt – doch das Verschwinden ganzer Häuserzeilen am Bahnhof oder in Rohrbach in Mark Twain machen es deutlich – der Umbauprozess Heidelbergs ist in vollem Gange.
Auch der vorgelegte Haushaltsentwurf macht deutlich, dass jetzt nach der konzeptionellen Phase die Bauphase eingeläutet ist: 30 Bebauungspläne, 10 Rahmenplanungen in zwei Jahren, stetiger Ankauf und Verkauf von Flächen, Schaffung von preisgünstigem Wohnraum im gesamten Stadtgebiet mittels des Handlungsprogramms Wohnen und die Ansiedlung neuen Gewerbes verlangt der Stadt und vor allem den mit Stadtentwicklung und Bauen betrauen Ämtern viel ab.
Wir können von Glück sprechen, dass die allgemeinen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen so hervorragend sind, dass neben Bund und Land auch die Kommunen in hohem Maße von Einnahmenzuwächsen profitieren. So beschert Heidelberg zum Beispiel die hohe Zahl an Erwerbstätigen in Deutschland Mehrerträge (beim Gemeindeanteil) an Einkommens- und Umsatzsteuer in den Jahren 2017/18 von insgesamt 26 Mio. € im Vergleich zum Jahr 2015. Auch andere Ertragsposten erhöhen sich in erfreulichem Maße.
In ruhigen Jahren wären das die typischen Jahre in denen man die Rücklage auffüllen und für investitionsintensive Jahre vorsorgen würde. Wir sind aber nicht in ruhigen Zeiten – Heidelberg ist im Wandel, im Aufbruch – Heidelberg wächst und stellt sich zudem wie so viele andere Kommunen neuen Aufgaben mit der Aufnahme und Versorgung von Menschen, die bei uns Schutz und Zuflucht suchen.
Diese besonderen Umstände werden mehr als deutlich, wenn man die Aufwandsseite im Haushaltsentwurf betrachtet:
Die Aufwendungen im Entwurf liegen statt wie im Leitantrag des Gemeinderates seit 2013 gefordert eben nicht 2% unter der Ertragsentwicklung, sondern im Durchschnitt der beiden Jahre 2017 und 2018 um 1,2 % höher. Kein gutes Zeichen auf den ersten Blick.
Schaut man genauer hin, entspannt sich die Lage etwas: auffällig ist, dass die Ertragsseite sehr vorsichtig kalkuliert wurde, berücksichtigt ist nur was zu fast 100 % abgesichert ist, während beim Aufwand bereits alles Denkbare in die Kalkulation eingeflossen ist. „Vorsicht ist eben die Mutter der Porzellankiste!“ – dies ist sicherlich auch vernünftig, denn es ist alle Male besser beim Rechnungsergebnis real besser abzuschließen als noch im Plan prognostiziert.
Für eine solche positive Überraschung im Nachhinein sind Sie, Herr Heiß mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ja mittlerweile fast ein Garant (betrachtet man die Rechnungsergebnisse der vergangenen Jahre). Vielen Dank an dieser Stelle Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die geleistete Arbeit in der Vergangenheit, das unterjährige Controlling (die Einhaltung der Haushaltsbeschlüsse zwischen den Haushaltsberatungen alle zwei Jahre) und Ihre umsichtigen Planungen.
Auf Ihre Umsicht und Ihr Controlling vertrauend und der derzeitigen hohen Aufgabenfülle in Heidelberg geschuldet, wird die SPD heute keinen neuen Leitantrag einbringen und nicht auf die strikte Einhaltung des Leitantrages aus 2013 pochen.
Dennoch sehen wir Einsparpotentiale bei einzelnen Ämtern – erwähnte jährliche Haushaltsreste und hohe Budgetübertrage lassen diesen Rückschluss zu. Bei so manchen Ansätzen bei Sach- und Dienstleistungen sind diese ohne nähere Erläuterung deutlich erhöht. Der Haushaltsentwurf lässt hier leider Klarheit im Detail vermissen – künftig wollen wir hier wieder mehr Transparenz und Nachweise über die Verwendung der eingeplanten Mittel (entsprechender Antrag): Als Einsparvorgabe beantragt die SPD-Fraktion daher eine globale Minderausgabe von jährlich 2 Mio. €.
In Anbetracht des hohen Arbeitspensums im Bereich Stadtentwicklung, sowie der Bürgerbeteiligung und von uns zusätzlich noch beantragten Aufgaben haben wir das Baurechtsamt, das Amt für Stadtentwicklung und Statistik, das Stadtplanungsamt und das Landschaftsamt von der globalen Minderausgabe ausgenommen.
Zusätzliche Aufgaben, die wir in diesem Bereich beantragen, sind: Erhöhung der Pflegestufen beim Straßengrün und Grünflächen, die Erstellung eines Grünflächenkonzepts auf Basis des Bundesförderprogramms „Zukunft Stadtgrün“ (immerhin 47 Mio. € Gesamtsumme), eine Machbarkeitsstudie für das Konzept „Stadt an den Fluss light“ von studio mobile concepts, sowie ein Gutachten: Zukunft urbane Mobilität (zur Identifizierung innovativer Ansätze).
Den kontinuierlichen Personalaufwuchs der letzten Jahre und nochmals in diesem Doppelhaushalt, der maßgeblich das hohe Aufwendungsvolumen prägt, tragen wir angesichts des Aufgabenpensums mit wenigen Ausnahmen mit – machen aber klar, dass ab 2019 der Aufwuchs abgebremst werden muss.
Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung beantragt die SPD als Ergänzung des bestehenden betrieblichen Gesundheitsmanagements Mittel in Höhe von einer Stelle für ein psychosoziales Beratungsangebot, deren Notwendigkeit der Gesamtpersonalrat betont hat.
Aber auch die Politik hat mit ihren Entscheidungen der letzten Jahre zum hohen Aufwendungsvolumen beigetragen. Wir stehen hier klar weiter zu unseren Entscheidungen: Verbesserungen bei Betreuungsleistungen am Standort Schule, Ausbau des Leistungsangebots für HDpass-InhaberInnen, gute Essensversorgung in unseren KITAS und Schulen und die Einführung des Sozialtickets. Diese Leistungen wollen wir, wie im Entwurf vorgesehen, auf hohem Niveau konsolidiert wissen.
D.h. aber auch, dass wir für die nächsten zwei Jahre keine weiteren finanzintensiven Anträge in diesem Bereich stellen.
Für den sozialen Frieden in einer Stadt insbesondere in Zeiten des Wandels sind verlässliche Leistungen wichtig. Etwaigen Streichungsanträgen in diesen Bereichen erklären wir hier schon einmal eine klare Absage.
Für soziale Organisationen/Einrichtungen, die teils seit Jahrzehnten wichtige Dienstleistungen erbringen, beantragen wir lediglich moderate Anpassungen: Frauennotruf, Frauen helfen Frauen, BiBeZ e.V., Stadtjugendring, Akademie für Ältere, Bündnis für Familie, Zentrum umweltbewusste Mobilität, sowie das Eine-Welt-Zentrum für das Angebot „Globales Klassenzimmer“. Im Sportförderprogramm beantragen wir die Rücknahme der Fahrtkostenreduzierung. Außerdem beantragen wir Mittel für das Ausbildungsprojekt „Mobipro EU“.
Hohen Handlungsbedarf struktureller Art sehen wir im Bereich der Kulturförderung. Seit Jahren sehen wir uns mit Erhöhungsanträgen in Millionenhöhe konfrontiert (obwohl in jedem Haushalt Erhöhungen vorgenommen werden), für diesen Haushalt wieder 1,6 Mio. € in Summe. Zwar ist der Prozess für die Kulturleitlinien gestartet, doch kann sich die Politik nicht aus der Verantwortung stehlen, sich gestalterisch in diesen Prozess einzubringen.
Es geht endlich um transparente, nachvollziehbare Entscheidungsfindung.
Kulturförderung in Heidelberg (wie wir sie uns wünschen): einerseits verlässlich und Planung ermöglichend – andererseits dynamisch und agil.
Unser Vorschlag: Grundförderung – Clusterförderung – KulturLabHD
Erstens eine Grundförderung (Fixkostenförderung) nicht programmabhängiger Aufwendungen für Einrichtungen, die der Stadt Heidelberg im kulturellen Bereich überregional und international eine Bedeutung verleihen – ein Gesicht geben- oder in hohem Umfang dem Kulturaustausch dienen. Diesen Einrichtungen mit hohen Fixkosten wollen wir Planungssicherheit über 5 Jahre geben.
Für diesen Zeitraum werden die Fixkosten mindestens mit 60 % in Summe aller öffentlichen Förderungen, die diese Einrichtungen erhalten (d.h. Bundes- und Landesmittel inbegriffen) von der Stadt Heidelberg bezuschusst. Bis zum 1. Quartal 2017 müssen Berechnungen vorgelegt werden, die es dem Gemeinderat ermöglichen, einen definierten Höchstbetrag der gesamten Förderung festzulegen. Ab 2018 soll erstmals diese Form der Kulturförderung zum Einsatz gebracht werden
Institutionen dieser Kategorie sind für die SPD u.a. Karlstorbahnhof, DAI, Enjoy Jazz, Unterwegstheater, Klangforum, das Filmfestival. Einen Vorschlag, wer in dieser Kategorie künftig gefördert werden soll, legt die Verwaltung dem Kulturausschuss im 1. Quartal 2017 vor. Erhöhungsanträge einiger dieser Institutionen haben wir im Vorgriff als Einzelanträge eingebracht.
Zweite Kategorie „Clusterförderung“: Jegliche sonstige institutionelle und Projektförderung! Hier werden Cluster entsprechend ihrer Rolle für die Kulturstadt Heidelberg (nach innen) nach Kulturart und Zielgruppe differenziert. Je Cluster werden spezifische Kriterien für die Förderung festgelegt. Einen Förder- und Vergabekriterienkatalog soll seitens der Verwaltung ebenfalls bis spätestens 2. Quartal 2017 dem Kulturausschuss vorgelegt werden.
Würde dieser Antrag eine Mehrheit finden – wäre das ein Quantensprung für eine Kulturförderung Heidelbergs: verlässlich, transparent – nachvollziehbar!
Unter dem Stichwort: dynamisch und agil beantragt die SPD-Fraktion einen neuen Innovationsfonds „KulturLabHD“ in Form der Bereitstellung von „Risikokapital“ für spontane, unterjährige innovative Projekte.
Der Innovationsfonds „KulturLabHD“ ist mit je 120.000 € in 2017 und in 2018 ausgestattet. Er soll halbjährlich ausgelobt werden. Über die Vergabe der Gelder befindet eine fachspezifische Jury unter Leitung des Kulturdezernenten. „KulturLabHD“ wird jährlich thematisch neu festgelegt.
Die Projekte müssen befristet sein und einen gesicherten Eigenfinanzierungsanteil von mindestens 20 Prozent der Gesamtkosten aufweisen. Der Fonds wird unsererseits aufwandsneutral eingeführt, finanziert durch Umschichtungen innerhalb des Kulturamtes und des Überführens des Zuschusses der Halle 02 in den Fonds, da sich uns die singuläre Förderung der Halle 02 nicht mehr erschließt. Aber selbstverständlich kann sich die Halle 02 auf den neuen Fonds mit Projekten oder die Clusterförderung weiterhin bewerben.
Ein weiteres großes Antragspaket der SPD bezieht sich auf das vorgelegte Investitionsprogramm – durch Einsparungen von über 3 Millionen im Ergebnishaushalt haben wir hier Spielraum für weitere Investitionen geschaffen, die wir als notwendig erachten, weil es v.a. Investitionen in unsere bereits bestehende Infrastruktur sind und die derzeitigen optimalen Finanzierungsbedingungen dies anraten lassen.
Im Grundsatz erhöht die SPD-Fraktion die Investitionen bei der Straßenunterhaltung um je 1 Mio. € pro Jahr, damit das Straßenerneuerungsprogramm schneller abgearbeitet werden kann und Mittel für die Schaffung „Grüner Wellen“ bereitgestellt werden. Es ist immer besser, wenn PKWs, Straßenbahnen und Busse fahren als vor roten Ampeln stehen. Zudem haben die eine Mittelerhöhung für die kinderfreundliche Verkehrsplanung zur schnellen Umsetzung notwendiger Maßnahmen beantragt.
Aufgrund der Ankündigung des Bundes auf Bundesmittel für die Schulsanierung beantragt die SPD-Fraktion zudem das Vorziehen von Maßnahmen an der Waldpark- und der Geschwister-Scholl-Schule, dem Hölderlin-Gymnasium und des Werkraums an der Eichendorffschule.
Der Modernisierungstopf für Schulen, den die SPD-Fraktion im letzten Doppelhaushalt beantragt hat und der auch umgesetzt wurde, soll weitere zwei Jahre auf Höhe von 1,5 Mio. € pro Jahr fortgeführt werden. (u.a. sollen hiermit die Toiletten der Kurpfalzschule saniert werden).
Ein neuer Unterstützungsfonds „Mobiliaranschaffung in Kindergärten“ für Kinder von drei bis sechs Jahren soll für die freien Träger, die ihr Angebot im Rahmen der örtlichen Rahmenvereinbarung anbieten, geschaffen werden. Auch dies ist ein absolutes Novum und dringend notwendig, weil die freien Träger entsprechend des Subsidiaritätsprinzips bei der Kinderbetreuung einen wichtigen Beitrag in der Stadt leisten, aber nun selbst an ihre finanziellen Grenzen stoßen. Die SPD-Fraktion sieht hier eine 1/3 Bezuschussung der Stadt pro Gruppe für Mobiliaranschaffung vor. Dieser Zuschuss kann im Rahmen von vier Jahren einmalig in Anspruch genommen werden. Für diesen Fonds haben wir 200.000 € pro Jahr mit der Verpflichtungsermächtigung für 2019/20 beantragt.
Was sicherlich viele von Ihnen verwundert: Die SPD-Fraktion beantragt nicht das Vorziehen der Sickingenbrücke für 2017/18 – es müssen eben Prioritäten gesetzt werden. Und die liegen für uns für die nächsten beiden Jahre bei Investitionen in vorhandene Straßen und Radwege. Ich darf die Sickingenbrücke aber für den Doppelhaushalt 2019/2020 schon ankündigen.
Heidelberg ist im Wandel begriffen – so hat meine Rede begonnen!
Prozesse des Wandels bergen auch immer die Gefahr von Irritationen – Verunsicherungen. Liebgewonnenes verschwindet, das gewohnte Umfeld verändert sich und die wohlvertraute Nachbarschaft erscheint plötzlich fremd – das verunsichert viele Menschen – solche Gefühle sind nachvollziehbar. Statt aber gezielt Ängste zu schüren und Stimmungen mit populistischen Parolen und Pauschalierungen anzuheizen, wie jüngst wieder durch die AfD, müssen demokratische Parteien diese Beunruhigungen der Menschen ernst nehmen und verantwortungsvoll damit umgehen und echte Antworten und Lösungen geben.
Als wir vor Jahren aufgrund des großen subjektiven Angstempfindens von Frauen die Angstraumstudie in Heidelberg gestartet und viele Angsträume durch konkrete Maßnahmen entschärft haben – haben wir zu keinem Zeitpunkt alle Männer zu potentiellen Vergewaltigern stigmatisiert. Das brauchten wir nicht – weil es uns um die Menschen, um deren Lebensqualität ging, – eben um echte Antworten auf Sorgen und Nöte von Menschen.
Die gefährlichen, spaltenden Stimmen von AfD und Konsorten, denen unsere Werte nichts zu bedeuten scheinen, können wir nur dann zum Schweigen bringen, wenn wir demokratischen Parteien selbstbewusst diesen Stimmen entgegentreten – wenn wir mit verantwortlicher Politik zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger bei uns gut aufgehoben sind. Gut aufgehoben, weil sie bei uns echte Antworten auf ihre Sorgen und Nöte bekommen.
Die Menschen mitnehmen, Quartiers- und Stadtteilarbeit fördern, Begegnungsräume schaffen, verlässlich in Infrastruktur investieren – lässt alle Versuche der AfD grundlose Neiddebatten zu inszenieren im Keim ersticken.
In diesem Sinne steht die SPD-Fraktion für ein soziales, weltoffenes, bürgernahes Heidelberg!