Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Bürgermeisterin und Bürgermeister, Beschäftigte der Stadt Heidelberg, liebe Stadtratskolleginnen und -kollegen,
Vor 7 Wochen standen wir alle schon einmal hier vorne und haben die Änderungsanträge der Fraktionen für den HH-Entwurf 2021/22 eingebracht.
Nach der Einbringung der Anträge der grünen Fraktion durch Felix Grädler war uns als SPD-Fraktion klar: Hier kommen wir auf keinen gemeinsamen Nenner.
Zu sehr lag der Fokus darauf, mit möglichst hohen Millionenbeträgen für den Klimaschutz nach außen zu glänzen. (Zitat HH-Rede Felix Grädler: „[die grüne Fraktion will] einen klaren finanziellen Fokus auf den Klimaschutz setzen“). Frei nach dem Motto schnell mit einigen Millionen die Welt retten – dabei gänzlich aus den Augen zu verlieren, dass mit dem Einstellen von riesigen Geldsummen noch lange kein Klima gerettet ist, sondern dass es dafür erst einmal geplanter Projekte bedarf – sonst bleiben diese Geldsummen nämlich Luftnummern.
So z.B. der grüne Antrag 5 Mio. € Eigenkapitalerhöhung für die Stadtwerke zum Photovoltaik-Ausbau, obwohl die Stadtwerke sich bereits ein ambitioniertes Klimaschutz-Arbeitsprogramm selbst auferlegt haben und auch schon komplett durchfinanziert! Für uns ein klarer Schaufensterantrag – es gibt keine konkreten Projekte in der Pipeline für 2022 in einer Größenordnung von 5 Millionen bei den Stadtwerken, die auf Warteposition stehen würden.
Ähnliches beim grünen Antrag „8 Mio. € on Top bei der Radinfrastruktur“, ohne dass der eigene grüne Bürgermeister Schmidt-Lamontain irgendwie in der Lage gewesen wäre, eine Projektliste für 21/22 zusammenzubringen, die annähernd an die Summe von 8 Mio. herangereicht hätte.
Das grüne Antragspaket war eben auch geprägt vom Geist: finanziell punkten – Millionenbeträge in den Raum stellen, die gut als Insta- oder Facebook- Botschaften dienen – ganz im Stil: Hauptsache Geld überweisen – die Empfänger werden schon irgendwas damit anfangen können.
Das war die Ausgangslage vor 7 Wochen – und dennoch bringen wir heute gemeinsam ein Antragspaket ein – ein Paket, das für Klimaschutz steht, das das soziale Miteinander und die Bedürfnisse der Menschen nach Corona zentral im Blick hat und finanzwirtschaftlich solide ist.
Was also ist in den letzten 7 Wochen passiert, dass wir heute trotz dieser Ausgangslage gemeinsam ein mehrheitsfähiges Paket einbringen können?
Die Antwort ist: Appelle haben gefruchtet (auch wenn es bis gestern Morgen gebraucht hat – das ist wohl auch ein Verdienst des Fraktionsvorsitzenden Derek Cofie-Nunoo)! Appelle an die Vernunft – an Maß halten in finanziell schwierigen Zeiten – Appelle, statt Schaufensteranträgen auf echten Klimaschutz zu setzen!
Das Antragspaket, dass nun vorliegt, ist realistisch – vernünftig – und setzt im Klimaschutz den richtigen Akzent, nämlich auf KLIMASCHUTZ KONKRET & JETZT!
So sind in den 7 Wochen aus den ursprünglich 5 Millionen – 3 Millionen dann 1,5 Millionen und am Ende 0 Millionen an die Stadtwerke geworden! Dafür haben wir aber gemeinsam nun in Höhe von einer ½ Million einen neuen, zusätzlichen Projekttopf zur Umsetzung konkreter Klimaschutzmaßnahmen auf Basis des Klimaschutzaktionsplans in 2022 eingestellt – was nochmals eine deutliche Erhöhung darstellt zu dem eh schon ambitionierten Etat für den Klimaschutzaktionsplan, der bereits im HH-Entwurf enthalten war.
Außerdem beinhaltet das Paket eine klare Ansage an den grünen Klimabürgermeister, immerhin schon 9 Monate im Amt, die da heißt: da muss mehr gehen und auch deutlich schneller! Viele konkrete und inhaltlich zielführende Anträge zum Klimaschutz der Grünen sind Bestandteil des Pakets – sind aber eigentlich nichts weiter als Arbeitsaufträge an den eigenen Klimabürgermeister – die dieser in seinem Arbeitsprogramm auch ohne unser Zutun hätte bereits benennen und in Angriff nehmen können. Jetzt haben wir es Ihnen, Herr Schmidt-Lamontain, eben einfach nochmals ins Stammbuch geschrieben.
Im Paket erhalten Sie zudem hierfür nochmals zusätzliche Mittel in Summe von ca. 700.000 € für Personal- und Sachmittel – einzusetzen für viele einzelne konkrete Klimaschutzprojekte und -Maßnahmen. Für die SPD-Fraktion kann ich an dieser Stelle klar und deutlich sagen: jetzt wollen wir aber auch sehen, dass Sie vorankommen!
Damit ist dem Stellenwert des Klimaschutzes im Paket zumindest für dieses und nächstes Jahr ausreichend Rechnung getragen worden.
Neben diesem Fokus trägt das Antragspaket aber auch ganz eindeutig die Handschrift der SPD-Fraktion. Drei Botschaften – drei Lichter am Ende des Corona-Tunnels waren uns besonders wichtig und mit unseren zentralen Anträgen verknüpft:
Botschaft 1: Wertschätzen all derer, die in der Pandemie im letzten Jahr immer für uns da waren => Verhandlungsergebnis: die Berücksichtigung der Tarifsteigerung von 2,5% für 2021 und 2022 für alle Freien Träger der Wohlfahrtspflege und Gemeinwesen orientierte Vereine, sowie für unsere verlässlichen Partner*innen in der Kinder- und Jugendhilfe und im Bereich Chancengleichheit ist in voller Höhe im Paket berücksichtigt. DANKE dafür!
Botschaft 2: Überleben sichern und Menschen wieder Halt und Lebensmut geben. Der von uns definierte Sozialfonds „Corona Sondermittel“ ist 1:1 (also in voller Höhe) von 800.000 € im Antragspaket eingestellt. Damit ist sichergestellt, dass Corona bedingter Mehrbedarf in den Beratungen und sozialen Dienstleistungen z.B. bei Schulsozialarbeit, bei der Familienhilfe, bei den Erziehungsberatungsstellen, bei der Arbeit mit Frauen usw. – dass dieser Mehrbedarf finanziell abgesichert ist – sowie ein niederschwelliger, unbürokratischer Zugriff! DANKE dafür!
Botschaft 3: statt social distancing endlich wieder – social get-together: Heidelberg eine Stadt der Begegnung, der Geselligkeit. Unsere Anträge zur Aufwertung der Freiflächen in der Stadt und am Neckar, die Sommerbühnen in allen Stadtteilen sowie unterstützende Dienstleistungen von HD Marketing für alle Stadtteilvereine und noch einiges mehr – steht für eine Kultur des Ermöglichens und ist als Botschaft fest im Paket verankert. DANKE dafür!
Schließlich lag uns noch das Thema Schulmodernisierung am Herzen, hier wünscht sich die SPD-Fraktion nun deutlich mehr Anstrengung und ein schnelleres Abarbeiten der Prioritätenliste. Deshalb findet sich im Paket nun ein Planungstopf „Schulmodernisierungen“ für die planerischen Vorarbeiten der Schulprojekte z.B. zur Verbesserung der Betreuungs- und Essenssituation, sodass in den kommenden Haushalten eine Realisierung schneller von statten gehen kann (gelistet sind hier u.a. Mönchhofschule, Eichendorff Schule, Albert-Schweitzer-Schule und einige mehr).
Der von der SPD-Fraktion vor Jahren ins Leben gerufene Schulmodernisierungstopf für Sofort-und Notmaßnahmen hätten wir gern auf die übliche Summe von 3 Mio. € im Finanzhaushalt wieder erhöht – hier sind wir der grünen Fraktion aber entgegengekommen und haben unseren Antrag um 500.000 € gesenkt, um damit finanziellen Spielraum für den neuen Klimaschutzaktionsplan-Sondertopf zu geben.
Das Paket ist trotz dieser Erhöhungen in der Bilanz nahezu ausgeglichen d.h. es kommt zu keiner wesentlichen Verschlechterung der bereits schlechten Haushaltslage. Ja, wir tragen damit aber auch nicht zu einer spürbaren Verbesserung des HH-Entwurfs bei und akzeptieren damit die vom Oberbürgermeister vorgeschlagene Verschuldung für die nächsten 1,5 Jahre.
Wir sehen aber angesichts der Corona Ausnahmesituation und der dennoch notwendigen Maßnahmen und Investitionen in Soziales und Klimaschutz keinen anderen Weg. Dies sind eben auch gerade wichtige Zukunftsinvestitionen.
Die Hausaufgabe für den Gemeinderat und die Verwaltung wird bleiben: sich außerhalb der HH-Beratungen in Ruhe mit dem Thema nachhaltige Finanzwirtschaft zu befassen (mehr dazu am Ende meiner Rede).
Um ein ausgeglichenes HH-Paket vorlegen zu können, haben alle Fraktionen Einsparvorschläge eingebracht. Dieses Mal bemühten wir nicht einfach die globale Minderausgabe, sondern verzichteten gänzlich auf diese (Dank des Engagements u.a. der Fraktion die LINKE & GAL). Stattdessen nennen wir direkt in den jeweiligen Teilhaushalten, auf was wir als Gemeinderat zugunsten unserer definierten Prioritäten verzichten werden. Damit schaffen wir maximale Transparenz und Ehrlichkeit.
Zusätzlich werden durch das Antragspaket Mehreinnahmen generiert, aber – und davon war die Zustimmung der SPD-Fraktion auch maßgeblich abhängig, nur maßvoll und sozialverträglich gestaltet. So wurde z.B. dem Antrag der Grünen, einfach eine Verzehnfachung der Gebühren für das Anwohnerparken von jetzt auf nachher einzuführen, von uns eine klare Absage erteilt. Im Paket findet sich jetzt nur noch eine moderate Erhöhung, eingebettet in ein sozialverträgliches Stufenmodell. Anwohner*innen mit Heidelberg-Pass & Heidelberg-Pass Plus sind von der Erhöhung ausgenommen.
Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen Fraktionen bedanken, auch bei denen, die sich heute enthalten werden, und nicht Mitantragsteller des Pakets sind, aber konstruktiv an den Verhandlungen teilgenommen haben. Hier v.a. ein Dank an die Fraktionsvorsitzende der Heidelberger, Larissa Winter-Horn. Wir wissen es sehr zu schätzen, dass unsere Appelle an Vernunft und Verantwortung sowie unsere Anträge von großem Konsens getragen wurden und werden.
In unserer Abwägung als SPD-Fraktion kommen wir jedoch zu einem positiven Votum. Das Paket ist jetzt wohl ausbalanciert – ausbalanciert zwischen ambitioniertem und essenziell wichtigem Klimaschutz – verantwortungsvoller Finanzwirtschaft und trägt den Bedürfnissen der Menschen nach sozialer Geborgenheit und sozialem Miteinander maßgeblich Rechnung.
Es bleibt dennoch der Auftrag an uns in Ruhe in den nächsten 1,5 Jahren in einer Haushaltsstrukturkommission die Weichen für eine konsolidierte, stabile Haushaltslage für die kommen Jahre zu schaffen, denn nur gesunde Finanzlage versetzt uns in die Lage, den sozialen Frieden in unserer Stadt zu sichern und einen wirksamen Klimaschutz zu betreiben. Daher danken wir der CDU-Fraktion für diesen Leitantrag, der als Antrag 1 über allen Paketanträgen steht. Felix Grädler danken wir für die wirklich professionelle cloudbasierte Organisation der Gespräche, die das Verhandeln wesentlich vereinfacht hat- das war wirklich digitaler state of the art.
Lasst uns mit der Verabschiedung des Haushalts 21/22 heute das klare Signal senden, dass dieser Gemeinderat sich seiner Verantwortung und seiner Gestaltungskraft bewusst ist und die wichtigen Themen unserer Zeit engagiert angeht –
und lasst uns gemeinsam auf einen fast normalen Sommer mit kulturellem Angebot in der Stadt freuen, verbunden mit der Hoffnung, Corona auch im Herbst weiterhin hinter uns zu lassen.