Die Stühle im Saal des Forums am Park reichen nicht aus, so groß ist das Interesse der Heidelbergerinnen und Heidelberger an der Flüchtlingspolitik in ihrer Stadt. Die SPD-Fraktion im Gemeinderat lud gemeinsam mit dem SPD-Landtagskandidaten Adrian Rehberger zu einer Informationsveranstaltung mit Expertinnen und Experten ein – und mehr als 100 Besucherinnen und Besucher kamen.
Fraktionsvorsitzende Prof. Dr. Anke Schuster machte in ihrer Begrüßung deutlich: „Es ist wichtig, vor Ort menschenwürdige Rahmenbedingungen für die Flüchtlinge zu schaffen. Und wir müssen diejenigen, die auf lange Sicht bei uns bleiben werden, gut integrieren in unsere Gesellschaft. In beiderlei Hinsicht ist Heidelberg gefordert – und die Heidelbergerinnen und Heidelberger zeigen große Hilfsbereitschaft und Solidarität. Herzlichen Dank dafür!“ Die Veranstaltung solle aufklären, informieren und Gerüchten entgegen treten, die den Nährboden für Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhass bilden, so Prof. Dr. Schuster weiter.
In einer ersten Runde wurde die momentane Situation im neu eingerichteten zentralen Registrierungszentrum des Landes in Patrick-Henry-Village (PHV) erörtert. Dr. Joachim Gerner (SPD), Bürgermeister für Familie, Soziales und Kultur – in dessen Dezernat der Bereich Flüchtlinge angesiedelt ist – stellt die aktuellen Zahlen und Prozesse vor. „Das Verfahren in PHV ist ein gutes Modell für andere Bundesländer“, fasst Dr. Gerner zusammen. Zurzeit sei Heidelberg aufgrund des zentralen Registrierungszentrums des Landes in PHV davon ausgenommen, weitere Flüchtlinge in der kommunalen Unterbringung aufzunehmen. „Diese Zeit gilt es zu nutzen, um geeignete Strukturen für die nächsten Jahre zu schaffen.“, so Dr. Gerner.
Thomas Krczal, stellvertretender Leiter der Patientenverwaltung Universitätsklinikum, berichtet über die Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge in PHV. Probleme gäbe es dabei, die Nachversorgung von kranken Flüchtlingen in den Aufnahmeeinrichtungen zu gewährleisten. Krczal spricht sich für die Einführung einer Gesundheitskarte für Flüchtlinge aus: „Nicht nur aus menschlicher Sicht – gesundheitsökonomische Studien haben deutliche Kosteneinsparungen aufgezeigt.“ Christian Heinze vom Diakonischen Werk ist zuständig für die unabhängige Sozial- und Verfahrensberatung in PHV: „Noch sind nicht alle 29 genehmigten Stellen besetzt, die Arbeitsbedingungen sind auch noch nicht optimal. Aber wir schaffen das!“ Diakonisches Werk und Caritas bieten neben der Beratung täglich Sprachkurse, Frauentreffen und Kinderbetreuung an.
Rehberger, der zugleich SPD-Landtagskandidat und neuer Leiter der Polizeiwache in PHV ist, machte klar: „Vor Ort leisten die Haupt- und Ehrenamtlichen gute Arbeit, die Organisationen unterstützen sich gegenseitig. Insgesamt kann man das Registrierungszentrum im PHV sicher als Modellprojekt bezeichnen, das hoffentlich Schule macht.“
Die zweite Runde beschäftigte sich mit der Frage, wie sich Heidelberg auf die bevorstehende Integrationsaufgabe vorbereitet. Neben Bürgermeister Dr. Gerner diskutierten die Vorsitzende des Asylarbeitskreises Gudrun Sidrassi-Harth und Peter Moskob von der Caritas die kommenden Aufgaben. Momentan können sich die Verbände über viel ehrenamtliches Engagement freuen und bitten um Geduld, falls nicht immer sofort auf ein Hilfsangebot zurückgegriffen wird. Die Unterkünfte seien zurzeit nicht voll belegt, das werde sich in den kommenden Monaten aber wahrscheinlich ändern und dann wird weitere Hilfe benötigt, so Sidrassi-Harth und Moskob.
Laut Dr. Gerner bereitet sich die Stadt darauf vor, im kommenden Jahr bis zu 600 weitere Flüchtlinge aufzunehmen und damit die Kapazitäten in der kommunalen Folgeunterbringung zu verdoppeln. Auch falls Heidelberg weiterhin von dem Verteilungsschlüssel für die kommunale Unterbringung ausgenommen bleibt, will sich die SPD-Fraktion für eine freiwillige Aufnahme von Flüchtlingen in die dezentrale Unterbringung in der Stadt einsetzen. Prof. Dr. Anke Schuster erklärt dazu: „Heidelberg ist eine weltoffene Stadt mit großer Solidarität. Es ist unsere Pflicht, Menschen in Not zu helfen.“ Die Fraktion werde mit Folgeveranstaltungen das Thema weiterhin begleiten, denn der Abend habe gezeigt, dass das Interesse in Heidelberg groß ist, so die Fraktionsvorsitzende abschließend.