Die Haushaltskrise der Stadt Heidelberg ist derzeit in aller Munde: nunmehr 100 Millionen müssen voraussichtlich in den Jahren 2025/ 2026 eingespart werden. Hierbei werden derzeit alle Ausgaben der Stadt im Rahmen der Haushaltsstrukturkommission auf den Prüfstand gestellt – dazu gehört auch der ÖPNV.
Aus Sicht der SPD-Fraktion muss eine solche Ausgabenkritik immer in der Gesamtschau diskutiert werden– vor diesem Hintergrund sieht sie sie keinen Sinn darin, dass die Verwaltung nun den ÖPNV getrennt von allen anderen Posten diskutieren will. Auch muss die Öffentlichkeit bei einem so sensiblen Thema frühzeitig eingebunden werden. Aus diesem Grund lud die Fraktion interessierte Bürger:innen am Dienstagabend zur Veranstaltung „Haushaltskrise – welche Kürzungen im ÖPNV sind sinnvoll?“ ins Forum am Park ein. „Wir erkennen einerseits an, dass manche Änderungsvorschläge im ÖPNV Vorlaufzeiten brauchen, die ein solches Verfahren nötig machen. Jedoch müssen auch die Menschen, die Betroffenen die Gelegenheit erhalten, sich in einer öffentlichen Debatte zu Wort zu melden, sodass wir ihre Meinung in der Fachdebatte im Ausschuss berücksichtigen können. Das Gebaren der Verwaltung war zuvor unbefriedigend – erst durch uns ist die Debatte hierzu öffentlich in die Gremien gekommen.“, so SPD-Fraktionsvorsitzender Sören Michelsburg.
Und das aus gutem Grund: Die von der Stadt vorgeschlagenen Kürzungen lösten vor allem bei den Bewohnenden der „Bergstadtteile“ Boxberg und Emmertsgrund große Besorgnis aus, das wurde auch auf der SPD-Veranstaltung im Forum am Park deutlich: Kommt man noch direkt und schnell zu den zentralen Knotenpunkten Bismarckplatz und Hauptbahnhof? Ist der Boxberg künftig noch gut angebunden? Die SPD-Fraktion kann diese Besorgnis der Betroffenen gut nachvollziehen und nimmt diese ernst – auch sie lehnt Einsparvorschläge hat, die negative Auswirkungen auf den Nutzen für den ÖPNV haben: „Wir wollen den Nahverkehr in Heidelberg weiter attraktiv halten, damit die Verkehrswende gelingen kann – insbesondere in den Bergstadtteilen, wo man auf die Busse angewiesen ist und auch für Schüler:innen und Ältere. Daher lehnen wir die Kürzungen bei den Verstärkerfahrten im Schülerverkehr und die Einstellung der Kleinbuslinie im Pfaffengrund am Sonntag ab.“, so Michelsburg weiter.
Auch befürwortet die SPD-Fraktion Maßnahmen, die keine negativen Auswirkungen auf den Nutzen für die Fahrgäste haben, wie beispielsweise die Nutzung von kurzen anstatt langer Busse in fahrgastarmen Zeiten. Das kann aus Sicht der SPD-Fraktion bereits jetzt beschlossen werden, während andere Vorschläge wie beispielsweise zur Linie 21/24 mehr Zeit und Informationen benötigen. Dies wurde auch den mehr als 30 Interessierten auf der Veranstaltung entsprechend vorgestellt – nach ausgiebiger Diskussion kam man zu dem folgenden Schluss. „Wir schlagen auf Basis der Ergebnisse der Veranstaltung vor, die Entscheidungen zu den Kürzungen in einem zweistufigen Prozess zu treffen – die Dinge die aus unserer Sicht bereits abgelehnt werden können sollen jetzt im Finanzausschuss und Gemeinderat beschlossen werden. Die Vorschläge mit Diskussionsbedarf sollen dann erst in den Haushaltsberatungen ab Ende Februar 2025 kommen, wenn mehr Informationen von der Verwaltung vorliegen. Das haben wir auch für den HAFA entsprechend so beantragt.“, führt Michelsburg aus.
Ebenfalls rege diskutiert am Veranstaltungsabend waren die von der Verwaltung vorgeschlagenen Kürzungen zum städtischen 9-€-Ticket. Befürchtet wurde dabei, dass nach Erhöhung der Preise die Eltern nicht mehr für jedes Kind ein Ticket kaufen und die Kinder dann weniger selbständig mobil sind. Die SPD-Fraktion befürwortet das 9-Euro-Ticket weiterhin und hätte es gerne auch weitergeführt, da es gerade für Familien eine Entlastung bei den monatlichen Fixkosten darstellt. Allerdings muss auch den finanziellen Gegebenheiten Rechnung getragen werden. Bund und Land werden die Preise für das Deutschlandticket und auch das D-Ticket JugendBW zum 01.01.2025 jeweils um 9 € anheben. „Diese Preisvorgaben von Bund und Land würden den städtischen Zuschuss erhöhen und auch einem Anstieg der Kosten um mehr als 1,5 Millionen Euro führen – das können wir vor dem Hintergrund der aktuellen Haushaltslage nicht noch on top leisten. Daher plädieren wir dafür, dass die Erhöhung um 9 Euro in jedem Fall an die Fahrgäste weitergegeben werden. Alles andere müssen wir in den Haushaltsverhandlungen klären. Es muss jedoch auch gesagt werden, dass keine andere Stadt die Fahrpreise so lange und in dieser Höhe subventioniert hat wie Heidelberg – seit der Einführung im Herbst 2022 hat die Stadt fast 20 Millionen Euro ausgegeben. Ein anderer Punkt ist, dass wir damals den Menschen in Zeiten von explodierenden Energiepreisen und Inflation etwas Gutes haben tun wollen und eine Entlastung bieten wollten – auch hier gab es mittlerweile eine Entspannung.“, führt Michelsburg aus.
Abschließend nahm die Fraktion nochmals Oberbürgermeister Eckart Würzner in die Pflicht, denn er kann mit der Aufstellung des Planentwurfs bereits eigene Akzente bezüglich Einsparungen im städtischen Etat setzen: „Jedoch kam bisher keine wirkliche Strategie aus dieser Richtung – Wir erwarten daher, dass der Oberbürgermeister auch seine eigenen Prestigeprojekte wie die Kulturhauptstadt einer gründlichen Aufgaben- und Kostenkritik unterzieht. Alle Anwesenden auf der Veranstaltung waren sich einig, dass es dieses Signal braucht.“